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GermanLingQ, #27 Friedemann – How to Bring up Children

So, Karin. Jetzt hast Du es geschafft. Eine Woche waren die jetzt hier. 8 Tage, 9 Tage die beiden?

Milan und Selwan, 8 Jahre und 5 Jahre. Nein.

Wird 5 Jahre.

Wird 5 Jahre, ja.

Wird nächste Woche 5 Jahre.

Ja, ja.

Ja, das war ein hartes Stück Arbeit. Sie waren ja schon zu Ostern gekommen und die Mutter brauchte dann ein paar Tage für sich und hat sie dann hier gelassen. Und ich hatte wunderschöne Stunden mit den Kindern, aber auch irgendwie solche, die mir fürchterlich an die Nerven gegangen sind und ich habe halt auch gemerkt, dass wirklich der Erziehungsstil meiner Schwiegertochter und wohl auch meines Sohnes, dass ich da ein paar Fragezeichen dran machen muss. Sagen wir es mal so.

Die Frage ist, ob du dir und ob wir uns diesen Erziehungsstil vor, vor 30-40 Jahren überhaupt hätten leisten können, als die Eltern unsere Enkel, unsere Kinder waren. Wir hatten ja 4.

Ja, ja.

Ja, im Grunde genommen habe ich aber auch diesen total gewährenden Erziehungsstil erstmal versucht und zwar kam das daher… Du meinst damals, als wir kleine Kinder waren? Ja, ja.

Das kam daher, dass ich also eine sehr strenge Erziehung nach dem Kriege genossen habe, wo man überhaupt nicht gefragt hat, wie geht's dem Kind, sondern man hat wirklich versucht dem Kind die physischen Bedürfnisse zu befriedigen und das war's auch im Grunde genommen. Die Erwachsenen waren gar nicht in der Lage sich in Kinder richtig rein zu versetzen oder sagen wir mal so, meine Mutter war's auf jeden Fall nicht. Und diesen Stil, der mir so hart erschienen ist, den wollte ich ja nicht, den wollte ich nicht anwenden bei meinen Kindern. Und das war damals auch so, um 1970 die Zeit, wo man, wo es ein Programm gab, Antiautoritäre Erziehung, das kam von einem gewissen Herrn Neill. Moment, ja. Neill hieß der. In England, der irgendwie ein Internat namens Summerhill gegründet hatte, und dann habe ich ganz viel gelesen und versucht meine Kinder sozusagen nach Büchern zu erziehen und ihnen höchstmögliche Mitsprache einzuräumen bei allen Dingen. Und dann habe ich nach und nach gemerkt, besonders nachdem ich also mehr als nur ein Kind hatte, nämlich nachher 4, dass das gar nicht möglich war.

Und zwar 4, was die Geburtsjahrgänge angeht, 4 in 6 Jahren.

Ja, genau.

Also wahnsinnig dicht bei einander.

Und dann habe ich wirklich gemerkt, habe ich wirklich gemerkt, wenn man die Kinder dauernd befragt, möchtest du jetzt den roten oder den blauen Pullover, möchtest du zu jetzt Tante Suse oder zu Tante Hildegard, möchtest du dies oder jenes, hat man die Kinder auch überfordert, weil sie ständig irgendwelche Entscheidungen treffen mussten, die irgendwo über ihre Möglichkeiten gingen. Und am besten merkte ich dann, ist es wenn mal also wirklich viele Dinge festlegt, so dass sie routinemäßig immer wieder gleich ablaufen und sich die Kinder darein fügen müssen. Und dann haben sie immer noch einen kleinen Bereich, wo sie sich entfalten, selber entscheiden dürfen und das reicht auch. Ja, und jetzt eine Generation weiter erlebe ich, das diese, das dieser gewährende tolerante Erziehungsstil, den ich damals angestrebt und auch teilweise verwirklicht habe, das der noch mal weiter getrieben worden ist von den Vätern und Müttern heute und naja da, also da habe ich das Gefühl, die brocken sich so viele Schwierigkeiten ein, dass sie also selber auch zu ihrem Recht nicht kommen. Und das es auch den Kindern nicht gut tut.

Das Erste, was ich empfinde ist, dass was unsere beiden Enkel jetzt als ihr Recht ansehen, das hätten wir bei 4 Kindern schon rein vom Zeitaufwand her gar nicht mehr praktizieren können. Das wäre, die Abläufe vom Zeitaufwand her sind so langsam bis dann mal, kommen wir, jetzt ist Mittagessen, komm zu Tisch und dann muss aber das Spiel, was gerade läuft erst noch mit Ruhe zu Ende gebracht werden oder irgendwas. Also wenn ich mir vorstelle, das mal 4, das wäre, das wäre ganz objektiv überhaupt nicht gegangen.

Naja.

Und ja, das… Also ich weiß eben nicht, ob das was eben in der Pädagogik als Recht von Kindern gilt, nämlich so ganz langsam zu überlegen, wie ist mir dann, ob das nicht in Wirklichkeit Pflichten von Erwachsenen sind. Wie du sagst, bestimmte Richtungen vorzugeben und im Rahmen dieser Richtungen kann sich immer noch viel abspielen.

Ja, ja.

Ja, es gibt ja heute so eine Diskussion in unserer Gesellschaft, dass dieses Buch „Warum Kinder Tyrannen werden“ von einem Michael Winterhoff, einem Kinderpsychiater, das wird heiß diskutiert. Das hat also unwahrscheinlich hohe Auflagen erreicht und das zeigt auch, dass in unserer Gesellschaft, ja, da wieder ein Umschlag stattfindet und das da irgendwo eine Mitte gesucht wird, zwischen dem ganz strengen autoritären Stil früherer Jahrzehnte bis nach dem zweiten Weltkrieg und diesem, was dann eben in den siebziger Jahren versucht wurde. Ja auch mit diesen Kinderläden, der, na, wie heißt es gleich, 68iger Studentenbewegung und so weiter.

Darf ich. Wir hatten damals so was ja auch in Herne und da hat mal ein herrlicher Satz in der Zeitung gestanden, der war kritisch gemeint, dass ein Kind gesagt haben soll: „Müssen wir heute wieder spielen was wir wollen?“ Also eigentlich die Anregung, die ein Kind dann auch erwartet von seinem erwachsenen Partner ausbleibt und das Kind soll selber, ganz alleine irgendwie seinen Weg suchen. Und das Kind signalisiert auf die Art und Weise, nee nee, ich brauch die, ich brauch die Anregung aus der Welt der Erwachsenen doch schon und bin doch darauf angewiesen. Und weißt du, wenn ich an unsere Enkel oder überhaupt auch an ihre Generationsgenossen denke, die werden ja in 10, 15 Jahren, wenn sie mit der normalen Welt in Beziehung treten oder auch schon in der Schule Begrenzungserfahrungen machen und Konkurrenzerfahrungen machen. Das ist ja unvermeidlich, dass sie darauf stoßen. Und wenn das für sie jedes Mal untrainierte Katastrophensituationen sind, ich darf etwas nicht, was ich eigentlich will, man gesteht mir das nicht zu und das ist nicht schon viele Male im Elternhaus erlebt und verarbeitet worden. Ich finde, das kann sehr schwierig werden für die Kinder.

Ja.

Ich denke in Wirklichkeit auch, dass diese Kinder in eine relative Mangelgesellschaft gehen werden. Das also wirklich dieser übermäßige Konsum, den wir bisher jetzt hatten, bald der Vergangenheit angehören wird. Und das man sich dann sehr wird wieder nach der Decke strecken müssen.

Wobei da unsere Enkel ja bescheidener erzogen werden, habe ich den Eindruck. Alle Enkel. Dass sie jedenfalls nicht mit Ansprüchen, die Geld kosten ihren Eltern daher kommen.

Aber gut, ich meine, ein Wunsch kommt ja daher aus der Beobachtung von ihren Freunden. Das ist ja denn schon, wenn sie sehen, meine Freunde haben dies, haben jenes. Aber bei meinem Patenkind ist da so, der hat sich jetzt Zuhause beschwert, warum haben wir keinen so großen Flachbildschirm? Keinen großen Flachfernseher, wie seine ganzen Freunde.

Ja.

Ja.

Also unsere Enkelkinder wachsen noch zu mindestens sehr fernseharm, kann man so sagen, auf. In einer, und die sind wahrscheinlich in ihren Klassen, dass weiß ich nun nicht, bei den Potsdamer Enkelkindern weiß ich das nicht, in der Privatschule, da sind möglicherweise eine ganze Reihe Klassenkameraden, wo die Eltern mit diesem Medium sehr restriktiv umgehen. Kann ich mir vorstellen. Aber das, da quengeln die, auch wenn die bei uns sind und hier steht ein Fernseher, die drängeln doch nicht zum Fernsehapparat. Hab ich nicht beobachtet.

Nee, nee. Das stimmt. Die haben jetzt fast die ganzen 8 Tage doch nie, die haben dich doch nie gefragt, ob sie fernsehen dürfen?

Nein, nein.

Haben es doch noch nie getan. Nee, also das ist, was das kommerzielle oder diesen… Ja, ja. Aber ich meine jetzt, was, was ja heute auch so bemängelt wird an den Kindern heute, dass ihnen der Respekt fehlt. Das ist oft ganz, ganz furchtbar zugeht in Schulklassen, dass Kinder ihren Platz einfach nicht kennen. Das einfach da Defizite sind, die ganz, ganz erheblich sind.

Naja, wobei Respekt ja was völlig anderes ist als gehorsam und Kasernenhof. Hat fast, hat nix, wirklich nix mit einander zu tun.

Ja, ja.

Ja, das ist einfach ein Anerkennen. Ich hab meinen Platz, aber der andere hat ihn auch. Und nur wenn wir beide unseren Platz akzeptieren, dann geht's gut. Ja.

Darf ich noch was sagen? Ich habe von einer Zeit ein schönes Buch gefunden, als wir den Haushalt von deiner Mutter aufgelöst haben, als sie also starb, von Agnes Sapper glaub ich „Gewähren lassen oder“, den Titel weiß ich nicht mehr genau. Jedenfalls ging es darum, wie viel gibt man den Kindern vor und wie viel reguliert man. Und da, das Buch ist ungefähr 1928 oder so erschienen, da erzählt, zitiert sie einen Erziehungswissenschaftler, der damals also auch für antiautoritäre Erziehung eingetreten ist, also Entwicklung der Persönlichkeit in größtmöglicher Form und der beschreibt eine Situation, die er mit seinem Sohn hatte. Der kam also, er war Professor und ein Student kam und eigentlich hatte er seinem Sohn versprochen aus den Heldensagen eine Geschichte vorzulesen und musste das dann abbrechen. Und da gab's einen langen Dialog, ob dieser Besucher nicht einfach warten könnte oder ob man ihn zurück schicken könnte und jedes Mal wurde eine geduldige Antwort gegeben, bis das Kind am Ende dann klein bei gab und sozusagen oder einsah, dass es jetzt etwas warten musste auf seine Heldengeschichte. Und der sagte… Weil der Vater mit dem Studenten reden musste? Ja, genau.

Und da sagte die dann, dass sie dann, man hätte zwei Worte sagen müssen. Jetzt nicht, später. Dann kriegst du das. Punkt. Und dann hat sie so schöne Sätze ja, es ist nun mal so, dass ein Kind und ein Erwachsener was ganz verschiedenes ist. Ein Erwachsener und ein Kind das auch weiß, ein Erwachsener kann lesen und schreiben, kann vorhersagen, was morgen passieren wird, kann sagen, pass da und da auf sonst, und das passiert wirklich und so weiter. Und jedenfalls ist das natürlich, dass ein Kind und ein Erwachsener ganz verschiedene Rechte, ganz verschiedene Pflichten haben und dass man das also wirklich auseinander halten muss. Das ist eine wunderschöne Geschichte.

Und das ist 80 Jahre alt.

Ja, ja.

Tja.

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So, Karin. Jetzt hast Du es geschafft. Eine Woche waren die jetzt hier. 8 Tage, 9 Tage die beiden?

Milan und Selwan, 8 Jahre und 5 Jahre. Nein.

Wird 5 Jahre.

Wird 5 Jahre, ja.

Wird nächste Woche 5 Jahre.

Ja, ja. Ja, das war ein hartes Stück Arbeit. Sie waren ja schon zu Ostern gekommen und die Mutter brauchte dann ein paar Tage für sich und hat sie dann hier gelassen. Und ich hatte wunderschöne Stunden mit den Kindern, aber auch irgendwie solche, die mir fürchterlich an die Nerven gegangen sind und ich habe halt auch gemerkt, dass wirklich der Erziehungsstil meiner Schwiegertochter und wohl auch meines Sohnes, dass ich da ein paar Fragezeichen dran machen muss. Sagen wir es mal so.

Die Frage ist, ob du dir und ob wir uns diesen Erziehungsstil vor, vor 30-40 Jahren überhaupt hätten leisten können, als die Eltern unsere Enkel, unsere Kinder waren. Wir hatten ja 4.

Ja, ja. Ja, im Grunde genommen habe ich aber auch diesen total gewährenden Erziehungsstil erstmal versucht und zwar kam das daher…

Du meinst damals, als wir kleine Kinder waren?

Ja, ja. Das kam daher, dass ich also eine sehr strenge Erziehung nach dem Kriege genossen habe, wo man überhaupt nicht gefragt hat, wie geht's dem Kind, sondern man hat wirklich versucht dem Kind die physischen Bedürfnisse zu befriedigen und das war's auch im Grunde genommen. Die Erwachsenen waren gar nicht in der Lage sich in Kinder richtig rein zu versetzen oder sagen wir mal so, meine Mutter war's auf jeden Fall nicht. Und diesen Stil, der mir so hart erschienen ist, den wollte ich ja nicht, den wollte ich nicht anwenden bei meinen Kindern. Und das war damals auch so, um 1970 die Zeit, wo man, wo es ein Programm gab, Antiautoritäre Erziehung, das kam von einem gewissen Herrn Neill. Moment, ja. Neill hieß der. In England, der irgendwie ein Internat namens Summerhill gegründet hatte, und dann habe ich ganz viel gelesen und versucht meine Kinder sozusagen nach Büchern zu erziehen und ihnen höchstmögliche Mitsprache einzuräumen bei allen Dingen. Und dann habe ich nach und nach gemerkt, besonders nachdem ich also mehr als nur ein Kind hatte, nämlich nachher 4, dass das gar nicht möglich war.

Und zwar 4, was die Geburtsjahrgänge angeht, 4 in 6 Jahren.

Ja, genau.

Also wahnsinnig dicht bei einander.

Und dann habe ich wirklich gemerkt, habe ich wirklich gemerkt, wenn man die Kinder dauernd befragt, möchtest du jetzt den roten oder den blauen Pullover, möchtest du zu jetzt Tante Suse oder zu Tante Hildegard, möchtest du dies oder jenes, hat man die Kinder auch überfordert, weil sie ständig irgendwelche Entscheidungen treffen mussten, die irgendwo über ihre Möglichkeiten gingen. Und am besten merkte ich dann, ist es wenn mal also wirklich viele Dinge festlegt, so dass sie routinemäßig immer wieder gleich ablaufen und sich die Kinder darein fügen müssen. Und dann haben sie immer noch einen kleinen Bereich, wo sie sich entfalten, selber entscheiden dürfen und das reicht auch. Ja, und jetzt eine Generation weiter erlebe ich, das diese, das dieser gewährende tolerante Erziehungsstil, den ich damals angestrebt und auch teilweise verwirklicht habe, das der noch mal weiter getrieben worden ist von den Vätern und Müttern heute und naja da, also da habe ich das Gefühl, die brocken sich so viele Schwierigkeiten ein, dass sie also selber auch zu ihrem Recht nicht kommen. Und das es auch den Kindern nicht gut tut.

Das Erste, was ich empfinde ist, dass was unsere beiden Enkel jetzt als ihr Recht ansehen, das hätten wir bei 4 Kindern schon rein vom Zeitaufwand her gar nicht mehr praktizieren können. Das wäre, die Abläufe vom Zeitaufwand her sind so langsam bis dann mal, kommen wir, jetzt ist Mittagessen, komm zu Tisch und dann muss aber das Spiel, was gerade läuft erst noch mit Ruhe zu Ende gebracht werden oder irgendwas. Also wenn ich mir vorstelle, das mal 4, das wäre, das wäre ganz objektiv überhaupt nicht gegangen.

Naja.

Und ja, das… Also ich weiß eben nicht, ob das was eben in der Pädagogik als Recht von Kindern gilt, nämlich so ganz langsam zu überlegen, wie ist mir dann, ob das nicht in Wirklichkeit Pflichten von Erwachsenen sind. Wie du sagst, bestimmte Richtungen vorzugeben und im Rahmen dieser Richtungen kann sich immer noch viel abspielen.

Ja, ja. Ja, es gibt ja heute so eine Diskussion in unserer Gesellschaft, dass dieses Buch „Warum Kinder Tyrannen werden“ von einem Michael Winterhoff, einem Kinderpsychiater, das wird heiß diskutiert. Das hat also unwahrscheinlich hohe Auflagen erreicht und das zeigt auch, dass in unserer Gesellschaft, ja, da wieder ein Umschlag stattfindet und das da irgendwo eine Mitte gesucht wird, zwischen dem ganz strengen autoritären Stil früherer Jahrzehnte bis nach dem zweiten Weltkrieg und diesem, was dann eben in den siebziger Jahren versucht wurde. Ja auch mit diesen Kinderläden, der, na, wie heißt es gleich, 68iger Studentenbewegung und so weiter.

Darf ich. Wir hatten damals so was ja auch in Herne und da hat mal ein herrlicher Satz in der Zeitung gestanden, der war kritisch gemeint, dass ein Kind gesagt haben soll: „Müssen wir heute wieder spielen was wir wollen?“
Also eigentlich die Anregung, die ein Kind dann auch erwartet von seinem erwachsenen Partner ausbleibt und das Kind soll selber, ganz alleine irgendwie seinen Weg suchen. Und das Kind signalisiert auf die Art und Weise, nee nee, ich brauch die, ich brauch die Anregung aus der Welt der Erwachsenen doch schon und bin doch darauf angewiesen. Und weißt du, wenn ich an unsere Enkel oder überhaupt auch an ihre Generationsgenossen denke, die werden ja in 10, 15 Jahren, wenn sie mit der normalen Welt in Beziehung treten oder auch schon in der Schule Begrenzungserfahrungen machen und Konkurrenzerfahrungen machen. Das ist ja unvermeidlich, dass sie darauf stoßen. Und wenn das für sie jedes Mal untrainierte Katastrophensituationen sind, ich darf etwas nicht, was ich eigentlich will, man gesteht mir das nicht zu und das ist nicht schon viele Male im Elternhaus erlebt und verarbeitet worden. Ich finde, das kann sehr schwierig werden für die Kinder.

Ja. Ich denke in Wirklichkeit auch, dass diese Kinder in eine relative Mangelgesellschaft gehen werden. Das also wirklich dieser übermäßige Konsum, den wir bisher jetzt hatten, bald der Vergangenheit angehören wird. Und das man sich dann sehr wird wieder nach der Decke strecken müssen.

Wobei da unsere Enkel ja bescheidener erzogen werden, habe ich den Eindruck. Alle Enkel. Dass sie jedenfalls nicht mit Ansprüchen, die Geld kosten ihren Eltern daher kommen.

Aber gut, ich meine, ein Wunsch kommt ja daher aus der Beobachtung von ihren Freunden. Das ist ja denn schon, wenn sie sehen, meine Freunde haben dies, haben jenes. Aber bei meinem Patenkind ist da so, der hat sich jetzt Zuhause beschwert, warum haben wir keinen so großen Flachbildschirm? Keinen großen Flachfernseher, wie seine ganzen Freunde.

Ja. Ja. Also unsere Enkelkinder wachsen noch zu mindestens sehr fernseharm, kann man so sagen, auf. In einer, und die sind wahrscheinlich in ihren Klassen, dass weiß ich nun nicht, bei den Potsdamer Enkelkindern weiß ich das nicht, in der Privatschule, da sind möglicherweise eine ganze Reihe Klassenkameraden, wo die Eltern mit diesem Medium sehr restriktiv umgehen. Kann ich mir vorstellen. Aber das, da quengeln die, auch wenn die bei uns sind und hier steht ein Fernseher, die drängeln doch nicht zum Fernsehapparat. Hab ich nicht beobachtet.

Nee, nee. Das stimmt.
Die haben jetzt fast die ganzen 8 Tage doch nie, die haben dich doch nie gefragt, ob sie fernsehen dürfen?

Nein, nein.

Haben es doch noch nie getan. Nee, also das ist, was das kommerzielle oder diesen…

Ja, ja. Aber ich meine jetzt, was, was ja heute auch so bemängelt wird an den Kindern heute, dass ihnen der Respekt fehlt. Das ist oft ganz, ganz furchtbar zugeht in Schulklassen, dass Kinder ihren Platz einfach nicht kennen. Das einfach da Defizite sind, die ganz, ganz erheblich sind.

Naja, wobei Respekt ja was völlig anderes ist als gehorsam und Kasernenhof. Hat fast, hat nix, wirklich nix mit einander zu tun.

Ja, ja.

Ja, das ist einfach ein Anerkennen. Ich hab meinen Platz, aber der andere hat ihn auch. Und nur wenn wir beide unseren Platz akzeptieren, dann geht's gut. Ja.

Darf ich noch was sagen? Ich habe von einer Zeit ein schönes Buch gefunden, als wir den Haushalt von deiner Mutter aufgelöst haben, als sie also starb, von Agnes Sapper glaub ich „Gewähren lassen oder“, den Titel weiß ich nicht mehr  genau. Jedenfalls ging es darum, wie viel gibt man den Kindern vor und wie viel reguliert man. Und da, das Buch ist ungefähr 1928 oder so erschienen, da erzählt, zitiert sie einen Erziehungswissenschaftler, der damals also auch für antiautoritäre Erziehung eingetreten ist, also Entwicklung der Persönlichkeit in größtmöglicher Form und der beschreibt eine Situation, die er mit seinem Sohn hatte. Der kam also, er war Professor und ein Student kam und eigentlich hatte er seinem Sohn versprochen aus den Heldensagen eine Geschichte vorzulesen und musste das dann abbrechen. Und da gab's einen langen Dialog, ob dieser Besucher nicht einfach warten könnte oder ob man ihn zurück schicken könnte und jedes Mal wurde eine geduldige Antwort gegeben, bis das Kind am Ende dann klein bei gab und sozusagen oder einsah, dass es jetzt etwas warten musste auf seine Heldengeschichte. Und der sagte…

Weil der Vater mit dem Studenten reden musste?

Ja, genau. Und da sagte die dann, dass sie dann, man hätte zwei Worte sagen müssen. Jetzt nicht, später. Dann kriegst du das. Punkt. Und dann hat sie so schöne Sätze ja, es ist nun mal so, dass ein Kind und ein Erwachsener was ganz verschiedenes ist. Ein Erwachsener und ein Kind das auch weiß, ein Erwachsener kann lesen und schreiben, kann vorhersagen, was morgen passieren wird, kann sagen, pass da und da auf sonst, und das passiert wirklich und so weiter. Und jedenfalls ist das natürlich, dass ein Kind und ein Erwachsener ganz verschiedene Rechte, ganz verschiedene Pflichten haben und dass man das also wirklich auseinander halten muss. Das ist eine wunderschöne Geschichte.

Und das ist 80 Jahre alt.

Ja, ja.

Tja.