Erster Gesang - Teil 02/03 (Letze Satz von Teil 01: An die hohe Säule sie lehnend, an welcher noch viele Andere Lanzen stunden des leidengeübten Odysseus.) 130 Pallas führt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter, Schön und künstlich gewirkt; ein Schemel stützte die Füße, Neben ihr setzt' er sich selbst auf einen prächtigen Sessel, Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaste die Mahlzeit Durch das wüste Getümmel der Trotzigen würde verleidet; 135 Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte. Eine Dienerin trug in der schönen goldenen Kanne, Über dem silbernen Becken, das Wasser, beströmte zum Waschen Ihnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, 140 Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schüsseln Allerlei Fleisch, und setzte vor sie die goldenen Becher. Und ein geschäftiger Herold versorgte sie reichlich mit Weine. Jetzo kamen auch die mutigen Freier, und saßen 145 All' in langen Reihen auf prächtigen Thronen und Sesseln. Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände. Aber die Mägde setzten gehäufte Körbe mit Brot auf Jünglinge füllten die Kelche bis oben mit dem Getränke, Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. 150 Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Dachten die üppigen Freier auf neue Reize der Seelen, Auf Gesang und Tanz, des Mahles liebliche Zierden. Und ein Herold reichte die schöngebildete Harfe Phemios hin, der an Kunst des Gesangs vor allen berühmt war, 155 Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen. Prüfend durchrauscht' er die Saiten, und hub den schönen Gesang an. Aber Telemachos neigte das Haupt zu Pallas Athene, Und sprach leise zu ihr, damit es die andern nicht hörten: Lieher Gastfreund, wirst du mir auch die Rede verargen? 160 Diese können sich wohl bei Saitenspiel' und Gesange Freun, da sie ungestraft des Mannes Habe verschwelgen, Dessen weißes Gebein vielleicht schon an fernem Gestade Modert im Regen, vielleicht von den Meereswogen gewälzt wird. Sähen sie jenen einmal zurück in Ithaka kommen; 165 Alle wünschten gewiß sich lieber noch schnellere Füße, Als noch größere Last an Gold' und prächtigen Kleidern. Aber es war sein Verhängnis, so hinzusterben; und keine Hoffnung erfreuet uns mehr, wenn auch zuweilen ein Fremdling Sagt, er komme zurück. Der Tag ist auf immer verloren! 170 Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer Dich nach Ithaka her? was rühmen sich jene vor Leute? Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! 175 Dann erzähle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse: Bist du in Ithaka noch ein Neuling, oder ein Gastfreund Meines Vaters? Denn unser Haus besuchten von jeher Viele Männer, und er mocht' auch mit Leuten wohl umgehn. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: 180 Dieses will ich dir alles, und nach der Wahrheit, erzählen. Mentes, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden, Rühm' ich mich, und beherrsche die ruderliebenden Taphos. Jetzo schifft' ich hier an; denn ich steure mit meinen Genossen Über das dunkle Meer zu unverständlichen Völkern, 185 Mir in Temesa Kupfer für blinkendes Eisen zu tauschen. Und mein Schiff liegt außer der Stadt am freien Gestade, In der reithrischen Bucht, all des waldichten Neïon Fuße. Lange preisen wir, schon von dein Zeiten unserer Väter, Uns Gastfreunde. Du darfst nur zum alten Helden Laertes 190 Gehn und fragen; der jetzt, wie man sagt, nicht mehr in die Stadt kommt, Sondern in Einsamkeit auf dem Lande sein Leben vertrauret, Bloß von der Alten bedient, die ihm sein Essen und Trinken Vorsetzt, wann er einmal vom fruchtbaren Rebengefilde, Wo er den Tag hinschleicht, mit müden Gliedern zurückwankt. 195 Aber ich kam, weil es hieß, dein Vater wäre nun endlich Heimgekehrt; doch ihm wehren vielleicht die Götter die Heimkehr. Denn noch starb er nicht auf Erden der edle Odysseus; Sondern er lebt noch wo in einem umflossenen Eiland Auf dem Meere der Welt; ihn halten grausame Männer, 200 Wilde Barbaren, die dort mit Gewalt zu bleiben ihn zwingen. Aber ich will dir anitzt weissagen, wie es die Götter Mir in die Seele gelegt, und wie's wahrscheinlich geschehn wird; Denn kein Seher bin ich, noch Flüge zu deuten erleuchtet. Nicht mehr lange bleibt er von seiner heimischen Insel 205 Ferne, nicht lange mehr, und hielten ihn eiserne Bande; Sinnen wird er auf Flucht, und reich ist sein Geist an Erfindung. Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. Bist du mit dieser Gestalt ein leiblicher Sohn von Odysseus? Wundergleich bist du ihm, an Haupt und Glanze der Augen! 210 Denn oft haben wir so uns zu einander gesellet, Eh' er gen Troja fuhr mit den übrigen Helden Achaias. Seitdem hab' ich Odysseus, und jener mich nicht gesehen. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Dieses will ich dir, Freund, und nach der Wahrheit, erzählen. 215 Meine Mutter die sagt es, er sei mein Vater; ich selber Weiß es nicht: denn von selbst weiß niemand, wer ihn gezeuget. Wär ich doch lieber der Sohn von einem glücklichen Manne, Den bei seiner Habe das ruhige Alter beschliche! Aber der Unglückseligste aller sterblichen Menschen 220 Ist, wie man sagt, mein Vater; weil du mich darum befragest. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: Nun so werden die Götter doch nicht den Namen des Hauses Tilgen, da solchen Sohn ihm Penelopeia geboren. Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. 225 Was für ein Schmaus ist hier, und Gesellschaft? Gibst du ein Gastmahl, Oder ein Hochzeitfest? Denn keinem Gelag' ist es ähnlich! Dafür scheinen die Gäste mit zu unbändiger Frechheit Mir in dem Saale zu schwärmen. Ereifern müßte die Seele Jedes vernünftigen Manns, der solche Greuel mit ansäh! 230 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Fremdling, weil du mich fragst, und so genau dich erkundest; Ehmals konnte dies Haus vielleicht begütert und glänzend Heißen, da jener noch im Vaterlande verweilte: Aber nun haben es anders die grausamen Götter entschieden, 235 Welche den herrlichen Mann vor allen Menschen verdunkelt! Ach! ich trauerte selbst um den Tod des Vaters nicht so sehr, Wär' er mit seinen Genossen im Lande der Troer gefallen, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet. Denn ein Denkmal hätt' ihm das Volk der Achaier errichtet, 240 Und so wäre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherrlicht. Aber er ward unrühmlich ein Raub der wilden Harpyen; Weder gesehn, noch gehört, verschwand er, und ließ mir zum Erbteil Jammer und Weh! Doch jetzo bewein' ich nicht jenen allein mehr; Ach! es bereiteten mir die Götter noch andere Leiden. 245 Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten, In Dulichion, Same, der waldbewachsnen Zakynthos, Und so viele hier in der felsichten Ithaka herrschen: Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf. Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermählung 250 Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verprassen die Schwelger All mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen! Und mit zürnendem Schmerz antwortete Pallas Athene: Götter, wie sehr bedarfst du des langabwesenden Vaters, Daß sein furchtbarer Arm die schamlosen Freier bestrafe! 255 Wenn er doch jetzo käm', und vorn in der Pforte des Saales Stünde, mit Helm und Schild und zween Lanzen bewaffnet; So an Gestalt, wie ich ihn zum erstenmale gesehen, Da er aus Ephyra kehrend von Ilos, Mermeros' Sohne, Sich in unserer Burg beim gastlichen Becher erquickte! 260 Denn dorthin war Odysseus im schnellen Schiffe gesegelt, Menschentötende Säfte zu holen, damit er die Spitze Seiner gefiederten Pfeile vergiftete. Aber sie gab ihm Ilos nicht, denn er scheute den Zorn der unsterblichen Götter; Aber mein Vater gab ihm das Gift, weil er herzlich ihn liebte: 265 Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene! Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber dieses ruhet im Schoße der seligen Götter, Ob er zur Heimat kehrt, und einst in diesem Palaste Rache vergilt, oder nicht. Dir aber gebiet' ich, zu trachten, 270 Daß du der Freier Schar aus deinem Hause vertreibest. Lieber, wohlan! merk' auf, und nimm die Rede zu Herzen. Fodere morgen zu Rat die Edelsten aller Achaier, Rede vor der Versammlung, und rufe die Götter zu Zeugen. Allen Freiern gebeut, zu dem Ihrigen sich zu zerstreuen; 275 Und der Mutter: verlangt ihr Herz die zwote Vermählung, Kehre sie heim in das... ----------------------------- Fortsetzung in Teil 3
Odyssee, Erster Gesang - Teil 02/03
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Erster Gesang - Teil 02/03
(Letze Satz von Teil 01: An die hohe Säule sie lehnend, an welcher noch viele
Andere Lanzen stunden des leidengeübten Odysseus.)
130
Pallas führt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter,
Schön und künstlich gewirkt; ein Schemel stützte die Füße,
Neben ihr setzt' er sich selbst auf einen prächtigen Sessel,
Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaste die Mahlzeit
Durch das wüste Getümmel der Trotzigen würde verleidet;
135
Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte.
Eine Dienerin trug in der schönen goldenen Kanne,
Über dem silbernen Becken, das Wasser, beströmte zum Waschen
Ihnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel.
Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf,
140
Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat.
Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schüsseln
Allerlei Fleisch, und setzte vor sie die goldenen Becher.
Und ein geschäftiger Herold versorgte sie reichlich mit Weine.
Jetzo kamen auch die mutigen Freier, und saßen
145
All' in langen Reihen auf prächtigen Thronen und Sesseln.
Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände.
Aber die Mägde setzten gehäufte Körbe mit Brot auf
Jünglinge füllten die Kelche bis oben mit dem Getränke,
Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle.
150
Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war,
Dachten die üppigen Freier auf neue Reize der Seelen,
Auf Gesang und Tanz, des Mahles liebliche Zierden.
Und ein Herold reichte die schöngebildete Harfe
Phemios hin, der an Kunst des Gesangs vor allen berühmt war,
155
Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen.
Prüfend durchrauscht' er die Saiten, und hub den schönen Gesang an.
Aber Telemachos neigte das Haupt zu Pallas Athene,
Und sprach leise zu ihr, damit es die andern nicht hörten:
Lieher Gastfreund, wirst du mir auch die Rede verargen?
160
Diese können sich wohl bei Saitenspiel' und Gesange
Freun, da sie ungestraft des Mannes Habe verschwelgen,
Dessen weißes Gebein vielleicht schon an fernem Gestade
Modert im Regen, vielleicht von den Meereswogen gewälzt wird.
Sähen sie jenen einmal zurück in Ithaka kommen;
165
Alle wünschten gewiß sich lieber noch schnellere Füße,
Als noch größere Last an Gold' und prächtigen Kleidern.
Aber es war sein Verhängnis, so hinzusterben; und keine
Hoffnung erfreuet uns mehr, wenn auch zuweilen ein Fremdling
Sagt, er komme zurück. Der Tag ist auf immer verloren!
170
Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit.
Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt?
Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer
Dich nach Ithaka her? was rühmen sich jene vor Leute?
Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen!
175
Dann erzähle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse:
Bist du in Ithaka noch ein Neuling, oder ein Gastfreund
Meines Vaters? Denn unser Haus besuchten von jeher
Viele Männer, und er mocht' auch mit Leuten wohl umgehn.
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene:
180
Dieses will ich dir alles, und nach der Wahrheit, erzählen.
Mentes, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden,
Rühm' ich mich, und beherrsche die ruderliebenden Taphos.
Jetzo schifft' ich hier an; denn ich steure mit meinen Genossen
Über das dunkle Meer zu unverständlichen Völkern,
185
Mir in Temesa Kupfer für blinkendes Eisen zu tauschen.
Und mein Schiff liegt außer der Stadt am freien Gestade,
In der reithrischen Bucht, all des waldichten Neïon Fuße.
Lange preisen wir, schon von dein Zeiten unserer Väter,
Uns Gastfreunde. Du darfst nur zum alten Helden Laertes
190
Gehn und fragen; der jetzt, wie man sagt, nicht mehr in die Stadt kommt,
Sondern in Einsamkeit auf dem Lande sein Leben vertrauret,
Bloß von der Alten bedient, die ihm sein Essen und Trinken
Vorsetzt, wann er einmal vom fruchtbaren Rebengefilde,
Wo er den Tag hinschleicht, mit müden Gliedern zurückwankt.
195
Aber ich kam, weil es hieß, dein Vater wäre nun endlich
Heimgekehrt; doch ihm wehren vielleicht die Götter die Heimkehr.
Denn noch starb er nicht auf Erden der edle Odysseus;
Sondern er lebt noch wo in einem umflossenen Eiland
Auf dem Meere der Welt; ihn halten grausame Männer,
200
Wilde Barbaren, die dort mit Gewalt zu bleiben ihn zwingen.
Aber ich will dir anitzt weissagen, wie es die Götter
Mir in die Seele gelegt, und wie's wahrscheinlich geschehn wird;
Denn kein Seher bin ich, noch Flüge zu deuten erleuchtet.
Nicht mehr lange bleibt er von seiner heimischen Insel
205
Ferne, nicht lange mehr, und hielten ihn eiserne Bande;
Sinnen wird er auf Flucht, und reich ist sein Geist an Erfindung.
Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit.
Bist du mit dieser Gestalt ein leiblicher Sohn von Odysseus?
Wundergleich bist du ihm, an Haupt und Glanze der Augen!
210
Denn oft haben wir so uns zu einander gesellet,
Eh' er gen Troja fuhr mit den übrigen Helden Achaias.
Seitdem hab' ich Odysseus, und jener mich nicht gesehen.
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
Dieses will ich dir, Freund, und nach der Wahrheit, erzählen.
215
Meine Mutter die sagt es, er sei mein Vater; ich selber
Weiß es nicht: denn von selbst weiß niemand, wer ihn gezeuget.
Wär ich doch lieber der Sohn von einem glücklichen Manne,
Den bei seiner Habe das ruhige Alter beschliche!
Aber der Unglückseligste aller sterblichen Menschen
220
Ist, wie man sagt, mein Vater; weil du mich darum befragest.
Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene:
Nun so werden die Götter doch nicht den Namen des Hauses
Tilgen, da solchen Sohn ihm Penelopeia geboren.
Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit.
225
Was für ein Schmaus ist hier, und Gesellschaft? Gibst du ein Gastmahl,
Oder ein Hochzeitfest? Denn keinem Gelag' ist es ähnlich!
Dafür scheinen die Gäste mit zu unbändiger Frechheit
Mir in dem Saale zu schwärmen. Ereifern müßte die Seele
Jedes vernünftigen Manns, der solche Greuel mit ansäh!
230
Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen:
Fremdling, weil du mich fragst, und so genau dich erkundest;
Ehmals konnte dies Haus vielleicht begütert und glänzend
Heißen, da jener noch im Vaterlande verweilte:
Aber nun haben es anders die grausamen Götter entschieden,
235
Welche den herrlichen Mann vor allen Menschen verdunkelt!
Ach! ich trauerte selbst um den Tod des Vaters nicht so sehr,
Wär' er mit seinen Genossen im Lande der Troer gefallen,
Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet.
Denn ein Denkmal hätt' ihm das Volk der Achaier errichtet,
240
Und so wäre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherrlicht.
Aber er ward unrühmlich ein Raub der wilden Harpyen;
Weder gesehn, noch gehört, verschwand er, und ließ mir zum Erbteil
Jammer und Weh! Doch jetzo bewein' ich nicht jenen allein mehr;
Ach! es bereiteten mir die Götter noch andere Leiden.
245
Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten,
In Dulichion, Same, der waldbewachsnen Zakynthos,
Und so viele hier in der felsichten Ithaka herrschen:
Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf.
Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermählung
250
Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verprassen die Schwelger
All mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen!
Und mit zürnendem Schmerz antwortete Pallas Athene:
Götter, wie sehr bedarfst du des langabwesenden Vaters,
Daß sein furchtbarer Arm die schamlosen Freier bestrafe!
255
Wenn er doch jetzo käm', und vorn in der Pforte des Saales
Stünde, mit Helm und Schild und zween Lanzen bewaffnet;
So an Gestalt, wie ich ihn zum erstenmale gesehen,
Da er aus Ephyra kehrend von Ilos, Mermeros' Sohne,
Sich in unserer Burg beim gastlichen Becher erquickte!
260
Denn dorthin war Odysseus im schnellen Schiffe gesegelt,
Menschentötende Säfte zu holen, damit er die Spitze
Seiner gefiederten Pfeile vergiftete. Aber sie gab ihm
Ilos nicht, denn er scheute den Zorn der unsterblichen Götter;
Aber mein Vater gab ihm das Gift, weil er herzlich ihn liebte:
265
Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene!
Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert!
Aber dieses ruhet im Schoße der seligen Götter,
Ob er zur Heimat kehrt, und einst in diesem Palaste
Rache vergilt, oder nicht. Dir aber gebiet' ich, zu trachten,
270
Daß du der Freier Schar aus deinem Hause vertreibest.
Lieber, wohlan! merk' auf, und nimm die Rede zu Herzen.
Fodere morgen zu Rat die Edelsten aller Achaier,
Rede vor der Versammlung, und rufe die Götter zu Zeugen.
Allen Freiern gebeut, zu dem Ihrigen sich zu zerstreuen;
275
Und der Mutter: verlangt ihr Herz die zwote Vermählung,
Kehre sie heim in das...
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Fortsetzung in Teil 3