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Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz, Die Geschichte der Sumsemanns Teil 2

Diese Geschichte hatte sich bald unter allen Käfern herumgesprochen; alle Mücken, Grillen und Ameisen wussten es, sogar die Libellen und Schmetterlinge hatten davon gehört. Die Familie der Sumsemanns war berühmt geworden. Sie galt auf allen Wiesen und in allen Bäumen für ein sehr vornehmes Geschlecht. Aber die Sumsemänner (Männer der Familie Sumsemann) und Frauen hatten viel Leid von ihrem Ruhm, denn immer wieder wurden sie totgeschlagen, wenn sie nachts in die Stuben (Zimmer, Raum) kamen, um die Kinder zu bitten; oft von rohen und unverständigen Dienstmädchen, oft auch von den Kindern selbst. Dies war der große Fluch, der auf der Familie lastete. Und so kam es, dass zuletzt nur noch ein Sumsemann übrig war auf der Welt, der Witwer, dessen Frau von dem Huhn gefressen wurde, weil sie so neugierig am Tag herumflog, statt zu schlafen.

Er war ein sehr vorsichtiger Mann, hielt sich immer ein wenig abseits von den anderen Maikäfern, und besonders, seit seine Frau tot war, liebte er die Einsamkeit.

Da saß er in der Dämmerung, wenn er sich satt gegessen hatte, auf irgendeinem Zweiglein, geigte sehnsüchtige Liederchen (niedliche Form von Lieder) an den Mond und die große Ballade vom sechsten Beinchen, das noch immer dort oben war. Manchmal spielte er sich auch ein lustiges Liedchen. Dazu tanzte er dann auf den großen Kastanienblättern (Blätter der Kastanie) herum. Das sah sehr komisch aus. Die anderen Maikäfer veranstalteten allabendlich (jeden Abend) ein großes Brummbass- und Paukenkonzert (Konzert mit Bass und Pauken) unter dem Baum. Herr Sumsemann aber sagte regelmäßig ab, wenn sie ihn dazu einluden, und das ärgerte sie sehr. »Er ist hochnäsig (auch: herablassend)«, sagten sie, »seit er nicht mehr den Brummbass (wird gerne von Kindern so genannt, da der Bass brummt), sondern die Geige spielt.« Aber es war nur Neid von ihnen. Sie hatten nämlich alle nur ihre Pauken und dicken Brummbässe; er aber hatte eine kleine silberne Geige, die funkelte wie das Mondlicht und hatte einen Ton, so fein wie die winzigen, singenden Mücken, die in der Sonne tanzen. Diese Geige war ein altes Familienerbstück (Erbstück der Familie). Einst hatte ein Herr Sumsemann der Grille Zirpedirp, die auf der Sternblumenwiese (eine Wiese mit Blumen, die wie Sterne aussehen) wohnte, das Leben gerettet, als sie zu hoch auf einen Baum gestiegen war und einen Schwindelanfall (ihr wurde schwindelig) bekam. Zum Dank für diese mutige Tat hatte die Grille ihrem Lebensretter die silberne Geige geschenkt. Die erbte seither im Geschlechte (Geschlecht = Familie über viele Generationen) der Sumsemanns immer der älteste Sohn, und sie wurde hoch in Ehren gehalten (etwas hoch in Ehren halten = etwas wird sehr geschätzt).

So war nun der letzte Sumsemann auch der letzte Erbe. All dies machte ihn sehr stolz. Man kann es begreifen. Er führte ein bequemes Leben, war dick und vorsichtig und dachte immer daran, dass er sich nicht in Gefahr bringen dürfe.

Nur manchmal, wenn der Abend gar so schön war, packte es ihn, und er wurde mutig. Dann trank er ein Vergissmeinnichtschnäpschen (starkes alkoholisches Getränk aus Vergiss-mein-nicht, eine Blume mit kleinen blauen Blüten) nach dem anderen zur Erinnerung an seine Frau - obwohl sie damit ganz gewiss nicht einverstanden gewesen wäre -, und in sehr angeregter Stimmung summte er in Zickzacklinien durch die Gärten. Er störte die Mücken bei ihrem Abendtanz und die Leuchtkäfer beim Versteckspielen. Er rempelte die Apfelblüten an, dass die kleinen Marienkäferkinderchen herauspurzelten, die da eben einschlafen wollten. Er zerriss der schieläugigen (jemand schielt mit den Augen) Spinne die Fangnetze und rannte ... bums! ... gegen alle Fenster, weil er nicht mehr genau unterscheiden konnte, ob ein Fenster offen oder geschlossen war.

Es tat ihm aber nichts, denn er hatte einen sehr harten Schädel. »Hoppla!« sagte er meistens nur und flog weiter, von gewaltigem Tatendurst (Eifer) getrieben. ›Ein Ritter bin ich‹, so dachte er, ›und der letzte Sumsemann!‹

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Diese Geschichte hatte sich bald unter allen Käfern herumgesprochen; alle Mücken, Grillen und Ameisen wussten es, sogar die Libellen und Schmetterlinge hatten davon gehört. Die Familie der Sumsemanns war berühmt geworden. Sie galt auf allen Wiesen und in allen Bäumen für ein sehr vornehmes Geschlecht. Aber die Sumsemänner (Männer der Familie Sumsemann) und Frauen hatten viel Leid von ihrem Ruhm, denn immer wieder wurden sie totgeschlagen, wenn sie nachts in die Stuben (Zimmer, Raum) kamen, um die Kinder zu bitten; oft von rohen und unverständigen Dienstmädchen, oft auch von den Kindern selbst. Dies war der große Fluch, der auf der Familie lastete. Und so kam es, dass zuletzt nur noch ein Sumsemann übrig war auf der Welt, der Witwer, dessen Frau von dem Huhn gefressen wurde, weil sie so neugierig am Tag herumflog, statt zu schlafen.

Er war ein sehr vorsichtiger Mann, hielt sich immer ein wenig abseits von den anderen Maikäfern, und besonders, seit seine Frau tot war, liebte er die Einsamkeit.

Da saß er in der Dämmerung, wenn er sich satt gegessen hatte, auf irgendeinem Zweiglein, geigte sehnsüchtige Liederchen (niedliche Form von Lieder) an den Mond und die große Ballade vom sechsten Beinchen, das noch immer dort oben war. Manchmal spielte er sich auch ein lustiges Liedchen. Dazu tanzte er dann auf den großen Kastanienblättern (Blätter der Kastanie) herum. Das sah sehr komisch aus. Die anderen Maikäfer veranstalteten allabendlich (jeden Abend) ein großes Brummbass- und Paukenkonzert (Konzert mit Bass und Pauken) unter dem Baum. Herr Sumsemann aber sagte regelmäßig ab, wenn sie ihn dazu einluden, und das ärgerte sie sehr. »Er ist hochnäsig (auch: herablassend)«, sagten sie, »seit er nicht mehr den Brummbass (wird gerne von Kindern so genannt, da der Bass brummt), sondern die Geige spielt.«

Aber es war nur Neid von ihnen. Sie hatten nämlich alle nur ihre Pauken und dicken Brummbässe; er aber hatte eine kleine silberne Geige, die funkelte wie das Mondlicht und hatte einen Ton, so fein wie die winzigen, singenden Mücken, die in der Sonne tanzen. Diese Geige war ein altes Familienerbstück (Erbstück der Familie). Einst hatte ein Herr Sumsemann der Grille Zirpedirp, die auf der Sternblumenwiese (eine Wiese mit Blumen, die wie Sterne aussehen) wohnte, das Leben gerettet, als sie zu hoch auf einen Baum gestiegen war und einen Schwindelanfall (ihr wurde schwindelig) bekam. Zum Dank für diese mutige Tat hatte die Grille ihrem Lebensretter die silberne Geige geschenkt. Die erbte seither im Geschlechte (Geschlecht = Familie über viele Generationen) der Sumsemanns immer der älteste Sohn, und sie wurde hoch in Ehren gehalten (etwas hoch in Ehren halten = etwas wird sehr geschätzt).

So war nun der letzte Sumsemann auch der letzte Erbe. All dies machte ihn sehr stolz. Man kann es begreifen. Er führte ein bequemes Leben, war dick und vorsichtig und dachte immer daran, dass er sich nicht in Gefahr bringen dürfe.

Nur manchmal, wenn der Abend gar so schön war, packte es ihn, und er wurde mutig. Dann trank er ein Vergissmeinnichtschnäpschen (starkes alkoholisches Getränk aus Vergiss-mein-nicht, eine Blume mit kleinen blauen Blüten) nach dem anderen zur Erinnerung an seine Frau - obwohl sie damit ganz gewiss nicht einverstanden gewesen wäre -, und in sehr angeregter Stimmung summte er in Zickzacklinien durch die Gärten. Er störte die Mücken bei ihrem Abendtanz und die Leuchtkäfer beim Versteckspielen. Er rempelte die Apfelblüten an, dass die kleinen Marienkäferkinderchen herauspurzelten, die da eben einschlafen wollten. Er zerriss der schieläugigen (jemand schielt mit den Augen) Spinne die Fangnetze und rannte ... bums! ... gegen alle Fenster, weil er nicht mehr genau unterscheiden konnte, ob ein Fenster offen oder geschlossen war.

Es tat ihm aber nichts, denn er hatte einen sehr harten Schädel. »Hoppla!« sagte er meistens nur und flog weiter, von gewaltigem Tatendurst (Eifer) getrieben. ›Ein Ritter bin ich‹, so dachte er, ›und der letzte Sumsemann!‹