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Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz, Das Schloss der Nachtfee «Teil 1»

In einem gewaltigen Saal ihres Schlosses empfing die Nachtfee ihre Gäste zum Mitternachtskaffeeklatsch. Himmelhohe silberne Säulen trugen eine ungeheure Wolkenkoppel, von wehenden Nebeln, wie von zarten Farnen umschwebt. Der Boden war aus tiefblauem Kristall, so durchsichtig, wie das Wasser des Meeres, wenn es ganz still liegt. Durch weite Eingänge zwischen den Säulen sah die Nacht herein, und in ihrer Unendlichkeit schwebten, gleich großer Blumen, Tausende von Wölkchen und gaben ein zauberzartes Licht.

Das Schönste aber war der Thron der Nachtfee in der Mitte des Saales. Aus einem einzigen, grünen Edelstein waren seine Stufen geschnitten, aus Perlen war der Sitz, die Lehne aus Silber, und sieben blaue Sterne funkelten leise darüber in der Luft. Zu beiden Seiten dieses wunderschönen Thrones standen Reihen von silbernen Stühlen für die Gäste, die erwartet wurden.

Die Nachtfee saß auf ihrem Thron, als die Mitternacht nahte, eine leuchtende Mondsichel im schwarzen Haar, mit ihrem Königsmantel angetan. Neben ihr standen zwei Sternenmädchen in ihren Silberkleidern; durch die Nacht des Hintergrundes aber zog ununterbrochen eine Kette winziger singender Sternenkinder. Die ganz, ganz kleinen waren es, die noch nicht beim Sandmännchen in die Sternenschule gingen, weil sie noch keine Kinder auf der Erde zu beschützen hatten. Darum hatten sie auch noch kein Plätzchen am Himmel, von dem aus sie des Nachts auf die Erde hätten blicken und wachen müssen. Aber wunderschön singen konnten sie schon!

Plötzlich klangen zwölf tiefe Glockenschläge durch den Raum; die Nachtfee erhob sich von ihrem Thron, breitete die Arme aus und sagte mit einer weichen, von Wohlklang wunderlieben Stimme: »Mitternacht! - Die Welt schlief ein; Frieden, Frieden soll über ihr sein!« Mit tausendfachem Echo nahm der Himmelsraum diesen Segensspruch auf. Von fernen Chören gesungen klang es, immer weiter, immer leiser: »Frieden, Frieden soll über ihr sein!« Dann wurde es ganz still. Still setzte sich die Fee wieder auf ihren Thron, und ein gütiges Lächeln lag über ihrem blassen, edlen Antlitz. Eine Zeitlang war tiefes Schweigen ringsum, dann aber hörte man fernes Gerumpel, das immer stärker wurde und schließlich als gewaltiger Donner heranbrüllte. Gleich darauf sprang, mit einem schmetternden Schlage, der Donnermann aus den Wolken am Eingang; der erste der geladenen Gäste. Er hatte einen mächtigen Paukenklöppel in der Faust, schlug sich damit auf den Bauch, verneigte sich vor der Nachtfee und brüllte: »Zum Donnerwetter, da bin ich gekommen! Habe mir keine Zeit genommen; Bin gleich, weil du mich geladen hast, Auf meiner Pauke hierher gerast. Mein Weib, die Blitzhexe, lässt dir sagen, Sie hätte noch schnell mal wo einzuschlagen Und käme dann hinterher geritten; Derweil zu grüßen lässt sie bitten! Potz - Himmel - Bomben - Donnerwetter!

Unterwegs überholte ich meinen Vetter, Den Hagelhans; der muss gleich kommen; Hat ein graues Wolkenschiff genommen, Hat ein Loch an der Mondsichel ins Segel geschnitten; Lässt derweil durch mich um Entschuldigung bitten. Potz - Krach - Blitz - Donner - Bombenschlag Ich bin hier und sage dir guten Tag!« Während er dies sprach, donnerte es immerfort, so dass die kleinen Sternenmädchen neben dem Thron der Nachtfee ordentlich Herzklopfen bekamen. Aber der Donnermann war gar nicht böse dabei; er lachte und verzog lustig den Mund von einem Ohr bis zum andern. Die Nachtfee neigte ihr schönes Haupt zum Gruß gegen den wilden Mann und meinte mit freundlichem Lächeln, er solle nur nicht gar so viel donnern, damit die Sternenkinder keine Angst bekämen. Nun war der gutmütige Donnermann ganz verlegen und bullerte leise eine Entschuldigung. Es war nämlich wirklich nicht so einfach für ihn, sich das Donnern zu verkneifen; besonders, wenn er sich freute.

In einem gewaltigen Saal ihres Schlosses empfing die Nachtfee ihre Gäste zum Mitternachtskaffeeklatsch. Himmelhohe silberne Säulen trugen eine ungeheure Wolkenkoppel, von wehenden Nebeln, wie von zarten Farnen umschwebt. Der Boden war aus tiefblauem Kristall, so durchsichtig, wie das Wasser des Meeres, wenn es ganz still liegt. Durch weite Eingänge zwischen den Säulen sah die Nacht herein, und in ihrer Unendlichkeit schwebten, gleich großer Blumen, Tausende von Wölkchen und gaben ein zauberzartes Licht.

Das Schönste aber war der Thron der Nachtfee in der Mitte des Saales. Aus einem einzigen, grünen Edelstein waren seine Stufen geschnitten, aus Perlen war der Sitz, die Lehne aus Silber, und sieben blaue Sterne funkelten leise darüber in der Luft. Zu beiden Seiten dieses wunderschönen Thrones standen Reihen von silbernen Stühlen für die Gäste, die erwartet wurden.

Die Nachtfee saß auf ihrem Thron, als die Mitternacht nahte, eine leuchtende Mondsichel im schwarzen Haar, mit ihrem Königsmantel angetan. Neben ihr standen zwei Sternenmädchen in ihren Silberkleidern; durch die Nacht des Hintergrundes aber zog ununterbrochen eine Kette winziger singender Sternenkinder. Die ganz, ganz kleinen waren es, die noch nicht beim Sandmännchen in die Sternenschule gingen, weil sie noch keine Kinder auf der Erde zu beschützen hatten. Darum hatten sie auch noch kein Plätzchen am Himmel, von dem aus sie des Nachts auf die Erde hätten blicken und wachen müssen. Aber wunderschön singen konnten sie schon!

Plötzlich klangen zwölf tiefe Glockenschläge durch den Raum; die Nachtfee erhob sich von ihrem Thron, breitete die Arme aus und sagte mit einer weichen, von Wohlklang wunderlieben Stimme:

»Mitternacht! - Die Welt schlief ein;

Frieden, Frieden soll über ihr sein!«

 

Mit tausendfachem Echo nahm der Himmelsraum diesen Segensspruch auf. Von fernen Chören gesungen klang es, immer weiter, immer leiser:

 

»Frieden, Frieden soll über ihr sein!«

 

Dann wurde es ganz still. Still setzte sich die Fee wieder auf ihren Thron, und ein gütiges Lächeln lag über ihrem blassen, edlen Antlitz. Eine Zeitlang war tiefes Schweigen ringsum, dann aber hörte man fernes Gerumpel, das immer stärker wurde und schließlich als gewaltiger Donner heranbrüllte. Gleich darauf sprang, mit einem schmetternden Schlage, der Donnermann aus den Wolken am Eingang; der erste der geladenen Gäste. Er hatte einen mächtigen Paukenklöppel in der Faust, schlug sich damit auf den Bauch, verneigte sich vor der Nachtfee und brüllte:

 

»Zum Donnerwetter, da bin ich gekommen!

Habe mir keine Zeit genommen;

Bin gleich, weil du mich geladen hast,

Auf meiner Pauke hierher gerast.

Mein Weib, die Blitzhexe, lässt dir sagen,

Sie hätte noch schnell mal wo einzuschlagen

Und käme dann hinterher geritten;

Derweil zu grüßen lässt sie bitten!

 

Potz - Himmel - Bomben - Donnerwetter!

Unterwegs überholte ich meinen Vetter,

Den Hagelhans; der muss gleich kommen;

Hat ein graues Wolkenschiff genommen,

Hat ein Loch an der Mondsichel ins Segel geschnitten;

Lässt derweil durch mich um Entschuldigung bitten.

Potz - Krach - Blitz - Donner - Bombenschlag

Ich bin hier und sage dir guten Tag!«

 

Während er dies sprach, donnerte es immerfort, so dass die kleinen Sternenmädchen neben dem Thron der Nachtfee ordentlich Herzklopfen bekamen. Aber der Donnermann war gar nicht böse dabei; er lachte und verzog lustig den Mund von einem Ohr bis zum andern. Die Nachtfee neigte ihr schönes Haupt zum Gruß gegen den wilden Mann und meinte mit freundlichem Lächeln, er solle nur nicht gar so viel donnern, damit die Sternenkinder keine Angst bekämen. Nun war der gutmütige Donnermann ganz verlegen und bullerte leise eine Entschuldigung. Es war nämlich wirklich nicht so einfach für ihn, sich das Donnern zu verkneifen; besonders, wenn er sich freute.