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Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz, Die Sternenwiese Teil 1

Auf der Sternenwiese wohnt das Sandmännchen (1), das eine sehr wichtige Persönlichkeit (2) im Himmelsraum (3) ist und viele Ämter (4) hat. Es muss den Sternen Unterricht im Singen geben (5) und es muss aufpassen, dass sie am Tage, wenn sie noch nicht am Himmel stehen, ihre Strahlen ordentlich putzen. Lauter kleine, silberhaarige (6) Mädchen sind die Sterne. Jedes Kind auf der Erde hat sein Sternchen. Und wenn das Kind nicht artig (7) war, wenn es Kuchen stibitzt (8) hat oder wenn es gar gelogen hat, so entstehen auf der schönen Strahlenkrone (9) seines Sternenmädchens (10) hässliche Flecken, sie verbiegt sich oder sie bekommt Scharten (11). Dann muss das kleine Sternchen putzen mit seinem goldenen Putzläppchen (12) und sich mühen in der Sternenschule auf der Wiese, damit das Krönchen (13) wieder blank und hell wird zur Nacht.

Das ist oft furchtbar schwer und die kleinen Sternchen seufzen dabei vor Mühe. Manchmal weinen sie sogar, denn das Sandmännchen ist sehr streng und lässt es ihnen nicht durchgehen, wenn auch nur das kleinste Fleckchen noch da ist. Meistens aber sind sie fröhlich und oft sogar sehr ausgelassen. Besonders im Winter, wenn Weihnachten nicht mehr weit ist. Dann hat das Sandmännchen Mühe Ordnung zu halten, so viel lachen sie. Manchmal lachen sie über die Mondschäfchen (14), die am Tage in dem Stall auf dem kleinen Hügel wohnen und Purzelbäumchen schießen (15). Manchmal über die Himmelsziegen (16), die so komisch meckern; manchmal lachen sie auch über gar nichts und so laut, dass man es beinahe auf der Erde hören könnte.

Das darf natürlich nicht sein. Dann haut das Sandmännchen auf die Pauke (17), sie bekommen einen Schreck und sind stille, wie die Fischchen im See; aber nicht sehr lange. So geht es auf der Sternenwiese zu, wenn auf der Erde Tag ist. Wenn aber der Abend kommt, wenn die Sonne auf der Erde untergeht, dann stellt sich der Sandmann feierlich vor sein Pult, alle Sternchen setzen ihre Kronen aufs Haar und sehen andächtig (18) zu ihm auf. Er wendet im goldenen Mondbuch auf dem Pult feierlich eine Seite um und schreibt hinein, was die Kinder auf Erden am letzten Tag Gutes getan haben. Er weiß alles, denn die Sternchen merken es an ihren Strahlenkronen.

Ist dies geschehen, so setzt er sein großes, silbernes Sandsiegel (19) unter die Schrift, zwinkert ernsthaft mit seinen kugelrunden, freundlichen Äugelchen und zieht an der Glockenschnur. In demselben Augenblick läutet es leise über den ganzen Himmel hin von ungezählten Glöckchen. Zu dieser Musik aber huschen alle Sternenmädchen von der Wiese fort und an den Himmel. Dort stehen sie dann für die Nacht als winzige Lichtpünktchen, jedes an seinem Platz. Das Sandmännchen aber läuft zu seinem Fernrohr und guckt, ob sie auch alle richtig stehen, denn manchmal verirrt sich eins ein wenig an dem großen, dunklen Himmel; besonders den kleinen passiert das leicht. Manchmal rücken sie auch heimlich ein bisschen zusammen, weil sie sich noch was zu erzählen haben. Sie tuscheln (20) und kichern nämlich ebenso gern miteinander wie die kleinen Mädchen auf der Erde. Das ist natürlich nicht erlaubt, und Sandmännchen hält streng darauf, dass so etwas nicht einreißt (21) am Himmel.

Ja, das Sandmännchen hat wirklich sehr viel zu tun; besonders am Abend!

Wenn die Sternchen am Himmel stehen, muss es die Mondschäfchen aus dem Stall lassen, damit sie in der Nacht auf die Himmelsweide kommen. Das ist auch ein tüchtiges Stück Arbeit. Vergnügt sind die nämlich und fürchterlich ausgelassen! Sie purzeln mit ihren silbernen Fellchen wie kleine Kullerbällchen (22) durcheinander, und bis sie schließlich ruhig auf der Weide oben am Himmel das schöne Sternschnuppengemüse (23) grasen, vergeht eine ganze Zeit. Auch dann noch muss das Sandmännchen aufpassen, dass sie nicht etwa heimlich den Kometenkohl (24) oder die Himmelschoten (25) anknabbern, die dort zwar wachsen, aber den Schäfchen verboten sind, weil die Nachtfee sie braucht, wenn sie ihre großen Mitternachtsessen gibt, zu denen die mächtigen Naturkräfte eingeladen werden.

Sind die Mondschäfchen ordentlich auf die Weide gebracht, so ist noch eine ganz besonders wichtige Angelegenheit zu erledigen. Es steht auf der Sternenwiese neben der großen Pauke ein kugelrundes Säckchen, und aus diesem Säckchen schüttet der Sandmann einen feinen Silbersand in ein langes Pusterohr (26). Dann geht er gravitätisch (27) nach den vier Himmelsrichtungen an den Rand der Wiese, beugt sich weit über das Gitter und bläst den leuchtenden Staub viermal in den Himmelsraum hinaus. Der Staub aber verteilt sich ganz, ganz fein und rieselt durch die Luft herab auf die Erde mit dem Licht des Mondes zusammen. Überall dort, wo Kinderaugen aus dem Bettchen in die Luft gucken, fliegt dieser silberne Sand aus Sandmännchens Pusterohr herum und legt sich leise auf die Augenlider. Die werden müde und schwer davon; man muss sie zumachen und schläft ein. So schickt das Sandmännchen den Kindern den Schlaf und auch die schönen Träume.

Wortliste: (1) Figur in Kindergeschichten; das Sandmännchen ist ein freundlicher kleiner Mann, der den Kindern abends Sand in die Augen streut, damit sie müde Augen bekommen und schlafen können (2) sehr wichtige Persönlichkeit – (VIP) ein Mensch mit vielen Aufgaben, die sehr notwendig sind (3) Himmelsraum ist ein literarisches Wort für Himmel (4) Ämter, Mehrzahl von Amt – hier: ein Amt ist eine offizielle Aufgabe; im Deutschen werden Behörden auch Amt genannt – so wird die Stelle, an der zum Beispiel die Steuern berechnet werden auch Finanzamt genannt; auch das Haus in dem die Menschen die Steuern berechnen und Formulare bearbeiten wird Finanzamt genannt; es gibt in Deutschland viele verschiedene Ämter (5) Unterricht geben – unterrichten; etwas beibringen; etwas lehren (6) silberhaarig – Haare wie Silber oder Haare aus Silber; bei älteren Menschen nennt man im Deutschen sehr helles oder graues Haar auch silbernes Haar (7) artig – gut erzogen; lieb; tut alles, was die Eltern dem Kind sagen (8) stibitzen – eine Kleinigkeit stehlen; klauen; mitgehen lassen (9) Strahlenkrone – die Krone aus (Licht-) Strahlen (10) Sternenmädchen – das Mädchen, dem der Stern gehört (11) Scharten – Kerben, Kratzer (12) Putzläppchen – von Putzlappe, einem Tuch zum Putzen (13) Krönchen – von Krone, wie es Könige, Königinnen und Prinzessinnen tragen (14) Mondschäfchen – kleinen Kindern wird erzählt, dass auf dem Mond kleine Schafe (Schäfche) leben (15) Purzelbäume schießen – Purzelbäume schlagen; sich über den Boden rollen – mit dem Kopf voran (16) Himmelsziegen – die Wolken werden oft als Ziegen des Himmels bezeichnet (17) auf die Pauke hauen – oder: mit der Hand oder der Faust auf den Tisch hauen – damit werden Handlungen plötzlich (auf einen Schlag) beendet (18) andächtig – still; ohne ein Wort zu sagen (19) Sandsiegel – ein Siegel aus Sand (20) tuscheln – leise reden (21) nicht einreißt – wenn etwas nicht einreißt, dann wir etwas sofort beim ersten Mal beendet, damit es nicht immer wieder gemacht wird (22) Kullerbällchen – kleine Bälle, die kullern (rollen) können – das kann natürlich jeder Ball, aber Kinder nennen einen Eigenschaft gerne mit: Muhkuh – eine Kuh, die Muh macht, ein Wau Wau – ein Hund … (23) Sternschnuppengemüse – ist ein ausgedachtes Wort (Fantasie) aus Sternschnuppen und Gemüse (24) Kometenkohl – ebenfalls ein ausgedachtes Wort aus Komet und Kohl (25) Himmelschoten – noch ein ausgedachtes Wort aus Himmel und Kohl (26) Pusterohr – hier auch wieder: eine Eigenschaft wird mit genannt – ein Rohr, in das man pusten oder blasen kann (27) gravitätisch – wird in der Deutschen Sprache normalerweise nicht verwendet – es bedeutet würdevoll, erhaben, feierlich, ernst, hoheitsvoll oder auch königlich oder majestätisch

Auf der Sternenwiese wohnt das Sandmännchen (1), das eine sehr wichtige Persönlichkeit (2) im Himmelsraum (3) ist und viele Ämter (4) hat. Es muss den Sternen Unterricht im Singen geben (5) und es muss aufpassen, dass sie am Tage, wenn sie noch nicht am Himmel stehen, ihre Strahlen ordentlich putzen. Lauter kleine, silberhaarige (6) Mädchen sind die Sterne. Jedes Kind auf der Erde hat sein Sternchen. Und wenn das Kind nicht artig (7) war, wenn es Kuchen stibitzt (8) hat oder wenn es gar gelogen hat, so entstehen auf der schönen Strahlenkrone (9) seines Sternenmädchens (10) hässliche Flecken, sie verbiegt sich oder sie bekommt Scharten (11). Dann muss das kleine Sternchen putzen mit seinem goldenen Putzläppchen (12) und sich mühen in der Sternenschule auf der Wiese, damit das Krönchen (13) wieder blank und hell wird zur Nacht.

Das ist oft furchtbar schwer und die kleinen Sternchen seufzen dabei vor Mühe. Manchmal weinen sie sogar, denn das Sandmännchen ist sehr streng und lässt es ihnen nicht durchgehen, wenn auch nur das kleinste Fleckchen noch da ist. Meistens aber sind sie fröhlich und oft sogar sehr ausgelassen. Besonders im Winter, wenn Weihnachten nicht mehr weit ist. Dann hat das Sandmännchen Mühe Ordnung zu halten, so viel lachen sie. Manchmal lachen sie über die Mondschäfchen (14), die am Tage in dem Stall auf dem kleinen Hügel wohnen und Purzelbäumchen schießen (15). Manchmal über die Himmelsziegen (16), die so komisch meckern; manchmal lachen sie auch über gar nichts und so laut, dass man es beinahe auf der Erde hören könnte.

Das darf natürlich nicht sein. Dann haut das Sandmännchen auf die Pauke (17), sie bekommen einen Schreck und sind stille, wie die Fischchen im See; aber nicht sehr lange. So geht es auf der Sternenwiese zu, wenn auf der Erde Tag ist. Wenn aber der Abend kommt, wenn die Sonne auf der Erde untergeht, dann stellt sich der Sandmann feierlich vor sein Pult, alle Sternchen setzen ihre Kronen aufs Haar und sehen andächtig (18) zu ihm auf. Er wendet im goldenen Mondbuch auf dem Pult feierlich eine Seite um und schreibt hinein, was die Kinder auf Erden am letzten Tag Gutes getan haben. Er weiß alles, denn die Sternchen merken es an ihren Strahlenkronen.

Ist dies geschehen, so setzt er sein großes, silbernes Sandsiegel (19) unter die Schrift, zwinkert ernsthaft mit seinen kugelrunden, freundlichen Äugelchen und zieht an der Glockenschnur. In demselben Augenblick läutet es leise über den ganzen Himmel hin von ungezählten Glöckchen. Zu dieser Musik aber huschen alle Sternenmädchen von der Wiese fort und an den Himmel. Dort stehen sie dann für die Nacht als winzige Lichtpünktchen, jedes an seinem Platz. Das Sandmännchen aber läuft zu seinem Fernrohr und guckt, ob sie auch alle richtig stehen, denn manchmal verirrt sich eins ein wenig an dem großen, dunklen Himmel; besonders den kleinen passiert das leicht. Manchmal rücken sie auch heimlich ein bisschen zusammen, weil sie sich noch was zu erzählen haben. Sie tuscheln (20) und kichern nämlich ebenso gern miteinander wie die kleinen Mädchen auf der Erde. Das ist natürlich nicht erlaubt, und Sandmännchen hält streng darauf, dass so etwas nicht einreißt (21) am Himmel.

Ja, das Sandmännchen hat wirklich sehr viel zu tun; besonders am Abend!

Wenn die Sternchen am Himmel stehen, muss es die Mondschäfchen aus dem Stall lassen, damit sie in der Nacht auf die Himmelsweide kommen. Das ist auch ein tüchtiges Stück Arbeit. Vergnügt sind die nämlich und fürchterlich ausgelassen! Sie purzeln mit ihren silbernen Fellchen wie kleine Kullerbällchen (22) durcheinander, und bis sie schließlich ruhig auf der Weide oben am Himmel das schöne Sternschnuppengemüse (23) grasen, vergeht eine ganze Zeit. Auch dann noch muss das Sandmännchen aufpassen, dass sie nicht etwa heimlich den Kometenkohl (24) oder die Himmelschoten (25) anknabbern, die dort zwar wachsen, aber den Schäfchen verboten sind, weil die Nachtfee sie braucht, wenn sie ihre großen Mitternachtsessen gibt, zu denen die mächtigen Naturkräfte eingeladen werden.

Sind die Mondschäfchen ordentlich auf die Weide gebracht, so ist noch eine ganz besonders wichtige Angelegenheit zu erledigen. Es steht auf der Sternenwiese neben der großen Pauke ein kugelrundes Säckchen, und aus diesem Säckchen schüttet der Sandmann einen feinen Silbersand in ein langes Pusterohr (26). Dann geht er gravitätisch (27) nach den vier Himmelsrichtungen an den Rand der Wiese, beugt sich weit über das Gitter und bläst den leuchtenden Staub viermal in den Himmelsraum hinaus. Der Staub aber verteilt sich ganz, ganz fein und rieselt durch die Luft herab auf die Erde mit dem Licht des Mondes zusammen. Überall dort, wo Kinderaugen aus dem Bettchen in die Luft gucken, fliegt dieser silberne Sand aus Sandmännchens Pusterohr herum und legt sich leise auf die Augenlider. Die werden müde und schwer davon; man muss sie zumachen und schläft ein. So schickt das Sandmännchen den Kindern den Schlaf und auch die schönen Träume.

Wortliste:

(1)     Figur in Kindergeschichten; das Sandmännchen ist ein freundlicher kleiner Mann, der den Kindern abends Sand in die Augen streut, damit sie müde Augen bekommen und schlafen können

(2)     sehr wichtige Persönlichkeit – (VIP) ein Mensch mit vielen Aufgaben, die sehr notwendig sind

(3)     Himmelsraum ist ein literarisches Wort für Himmel

(4)     Ämter, Mehrzahl von Amt – hier: ein Amt ist eine offizielle Aufgabe; im Deutschen werden Behörden auch Amt genannt – so wird die Stelle, an der zum Beispiel die Steuern berechnet werden auch Finanzamt genannt; auch das Haus in dem die Menschen die Steuern berechnen und Formulare bearbeiten wird Finanzamt genannt; es gibt in Deutschland viele verschiedene Ämter

(5)     Unterricht geben – unterrichten; etwas beibringen; etwas lehren

(6)     silberhaarig – Haare wie Silber oder Haare aus Silber; bei älteren Menschen nennt man im Deutschen sehr helles oder graues Haar auch silbernes Haar

(7)     artig – gut erzogen; lieb; tut alles, was die Eltern dem Kind sagen

(8)     stibitzen – eine Kleinigkeit stehlen; klauen; mitgehen lassen

(9)     Strahlenkrone – die Krone aus (Licht-) Strahlen

(10) Sternenmädchen – das Mädchen, dem der Stern gehört

(11) Scharten – Kerben, Kratzer

(12) Putzläppchen – von Putzlappe, einem Tuch zum Putzen

(13) Krönchen – von Krone, wie es Könige, Königinnen und Prinzessinnen tragen

(14) Mondschäfchen – kleinen Kindern wird erzählt, dass auf dem Mond kleine Schafe (Schäfche) leben

(15) Purzelbäume schießen – Purzelbäume schlagen; sich über den Boden rollen – mit dem Kopf voran

(16) Himmelsziegen – die Wolken werden oft als Ziegen des Himmels bezeichnet

(17) auf die Pauke hauen – oder: mit der Hand oder der Faust auf den Tisch hauen – damit werden Handlungen plötzlich (auf einen Schlag) beendet

(18) andächtig – still; ohne ein Wort zu sagen

(19) Sandsiegel – ein Siegel aus Sand

(20) tuscheln – leise reden

(21) nicht einreißt – wenn etwas nicht einreißt, dann wir etwas sofort beim ersten Mal beendet, damit es nicht immer wieder gemacht wird

(22) Kullerbällchen – kleine Bälle, die kullern (rollen) können – das kann natürlich jeder Ball, aber Kinder nennen einen Eigenschaft gerne mit: Muhkuh – eine Kuh, die Muh macht, ein Wau Wau – ein Hund …

(23) Sternschnuppengemüse – ist ein ausgedachtes Wort (Fantasie) aus Sternschnuppen und Gemüse

(24) Kometenkohl – ebenfalls ein ausgedachtes Wort aus Komet und Kohl

(25) Himmelschoten – noch ein ausgedachtes Wort aus Himmel und Kohl

(26) Pusterohr – hier auch wieder: eine Eigenschaft wird mit genannt – ein Rohr, in das man pusten oder blasen kann

(27) gravitätisch – wird in der Deutschen Sprache normalerweise nicht verwendet – es bedeutet würdevoll, erhaben, feierlich, ernst, hoheitsvoll oder auch königlich oder majestätisch