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01 - Eine sehr widerstrebend lernende Frau, - 1. Teil

- 1. Teil

Eine sehr widerstrebend lernende Frau Dies ist mein Beitrag zu dem wunderbaren Polyglot-Projekt, meine Erinnerungen daran wie ich nie lernte. Diesen Beitrag habe ich erst auf Englisch geschrieben und danach übersetzt.

1. Teil Ich dürfte eins Ihrer reiferen Mitglieder sein: ich bin Mitte sechzig und versuche immer noch, oder eher wieder einmal, verschiedene Sprachen zu lernen. So lange ich denken kann, habe ich mich für Fremdsprachen interessiert; als Kinder im Nachkriegsdeutschland hatten wir eine Zeitlang Zugang zu Russisch, Englisch, Französisch und ‚Amerikanisch'. Wenn wir sehr vorsichtig waren und uns nicht verscheuchen ließen, konnten wir uns den beschlagnahmten Häusern nähern und die allierten Soldaten bespitzeln. (Unsere Stadt lag sehr günstig für Spionage-angelegenheiten und bis 1948 oder so waren auch die Russen dort noch stationiert, direkt in der britischen Zone.)

Meine Kindheit wurde von verlorenen Sprachen geprägt: zuerst war's Russisch, das ich als Säugling hörte bevor meine Familie in den Westen floh. Der Klang russischer Männerstimmen kann mich noch immer zum Träumen bringen, obwohl niemand aus meiner Familie jemals Russisch konnte. Im Westen wohnten wir dann bei meinen Großeltern, die Plattdeutsch sprachen. Es war herrlich, wenn mein normalerweise sehr schweigsamer Opa mich „Na, mien lütten Poch“* oder „mien lütte Uhl“* nannte. Meine Mutter erlaubte uns allerdings nicht diesen gewöhnlichen Dialekt, wie sie ihn bezeichnete, zu sprechen und daher habe ich nur begrenzte Kenntnisse meiner mir liebsten Kindheitssprache.

Auf dem Gymnasium hatten wir Englisch, Französisch und Latein. Mit Englisch fingen meine Probleme an: was immer ich auch tat, es ergab keinen Sinn, keine Verbindung. Englisch blieb eindimensional, etwas das nur auf dem Papier bestand und dazu verurteilt war mich auf Jahre hin zu quälen. Ich hatte Glück im Unglück dadurch, dass mein Lehrer mich mochte. Er gab mir keine Sechs (die ich vollends verdient hätte) und so bin ich dem Sitzenbleiben entkommen. Französisch war irgendwie leichter, mir gefiel der Klang der Sprache und einiges blieb sogar hängen. Von meinem Lateinunterricht erinnerte ich mich nach all den Jahren nur daran, dass ‚agricola' maskulin war. Übrigens war ich Spitze im Deutschen und in der deutschen Grammatik (in der Sexta hatten wir eine Lehrerin, die Grammatikspiele abhielt. Ich war ziemlich oft ein Partikel in den gemeinsamen Sätzen) und habe so eigentlich keine Scheu vor der Grammatik irgendwelcher Fremdsprachen. Ich kaufe und lese auch gern große, fette Wörterbücher, obwohl ich nie etwas lerne, mir gefällt es einfach die Beispiele zu lesen.

* mein kleiner Frosch * meine kleine Eule

- 1. Teil - 1st chapter

Eine sehr widerstrebend lernende Frau Dies ist mein Beitrag zu dem wunderbaren Polyglot-Projekt, meine Erinnerungen daran wie ich nie lernte. Diesen Beitrag habe ich erst auf Englisch geschrieben und danach übersetzt.

1\\. Teil Ich dürfte eins Ihrer reiferen Mitglieder sein: ich bin Mitte sechzig und versuche immer noch, oder eher wieder einmal, verschiedene Sprachen zu lernen. So lange ich denken kann, habe ich mich für Fremdsprachen interessiert; als Kinder im Nachkriegsdeutschland hatten wir eine Zeitlang Zugang zu Russisch, Englisch, Französisch und ‚Amerikanisch'. Wenn wir sehr vorsichtig waren und uns nicht verscheuchen ließen, konnten wir uns den beschlagnahmten Häusern nähern und die allierten Soldaten bespitzeln. (Unsere Stadt lag sehr günstig für Spionage-angelegenheiten und bis 1948 oder so waren auch die Russen dort noch stationiert, direkt in der britischen Zone.)

Meine Kindheit wurde von verlorenen Sprachen geprägt: zuerst war's Russisch, das ich als Säugling hörte bevor meine Familie in den Westen floh. Der Klang russischer Männerstimmen kann mich noch immer zum Träumen bringen, obwohl niemand aus meiner Familie jemals Russisch konnte. Im Westen wohnten wir dann bei meinen Großeltern, die Plattdeutsch sprachen. Es war herrlich, wenn mein normalerweise sehr schweigsamer Opa mich „Na, mien lütten Poch“* oder „mien lütte Uhl“* nannte. Meine Mutter erlaubte uns allerdings nicht diesen gewöhnlichen Dialekt, wie sie ihn bezeichnete, zu sprechen und daher habe ich nur begrenzte Kenntnisse meiner mir liebsten Kindheitssprache.

Auf dem Gymnasium hatten wir Englisch, Französisch und Latein. Mit Englisch fingen meine Probleme an: was immer ich auch tat, es ergab keinen Sinn, keine Verbindung. Englisch blieb eindimensional, etwas das nur auf dem Papier bestand und dazu verurteilt war mich auf Jahre hin zu quälen. Ich hatte Glück im Unglück dadurch, dass mein Lehrer mich  mochte. Er gab mir keine Sechs (die ich vollends verdient hätte) und so bin ich dem Sitzenbleiben entkommen. Französisch war irgendwie leichter, mir gefiel der Klang der Sprache und einiges blieb sogar hängen. Von meinem Lateinunterricht erinnerte ich mich nach all den Jahren nur daran, dass ‚agricola' maskulin war. Übrigens war ich Spitze im Deutschen und in der deutschen Grammatik (in der Sexta hatten wir eine Lehrerin, die Grammatikspiele abhielt. Ich war ziemlich oft ein Partikel in den gemeinsamen Sätzen) und habe so eigentlich keine Scheu vor der Grammatik irgendwelcher Fremdsprachen. Ich kaufe und lese auch gern große, fette Wörterbücher, obwohl ich nie etwas lerne, mir gefällt es einfach die Beispiele zu lesen.

* mein kleiner Frosch * meine kleine Eule